Der Kollege Max Boenke von der Berliner Morgenpost hat sich einem Carsharing-Selbsttest unterzogen und seine Erfahrungen in einem interessanten Artikel festgehalten. Im Rahmen dieses Beitrags wurde auch die Frage aufgeworfen ob das Free Floating-Konzept überhaupt richtiges Carsharing sei. Dieses definiert sich laut dem Bundesverbands Car-Sharing (bcs) primär durch eine entsprechende Umweltentlastung und versteht sich als Ergänzung zum ÖPNV. Das Free Floating-Konzept der großen Automobilhersteller erfülle diese Voraussetzungen nicht zwingend.
Carsharing ist nicht gleich Carsharing, neben den zahlreichen Anbieter in Deutschland gibt es auch verschiedene Konzepte. Grundsätzlich lassen sich diese in drei Kategorien unterteilen, neben dem klassischen, stationsbasierten Carsharing gibt es noch das sog. private Carsharing zwischen Privatpersonen und das Free Floating Carsharing bei dem die Fahrzeuge innerhalb von Städten bzw. bestimmten Geschäftsgebieten beliebig gemietet und abgestellt werden können (stationsunabhängig).
Anfang Mai hatten wir uns in einem Beitrag bereits die Frage gestellt welchen Beitrag das Carsharing zum Klimaschutz leistet, dies lässt sich sicherlich nicht ohne weiteres beantworten. Für den bcs ist der Beitrag zum Klimaschutz jedoch ein elementarer Bestandteil wie der Vorsitzende Willi Loose betont, ob die Free Floating Carsharing genau wie die stationsbasierten Carsharing-Angebote zur Umweltentlastung beitragen sei laut Loose fragwürdig. Die von den Automobilherstellern präferierten Free Floating-Konzepte sind aus technischer Sicht und der Kundenorientierung interessante Angebote, würden jedoch nicht dazu führen, dass Nutzer weniger Auto fahren als zuvor. Solche Modelle würden den ÖPNV eher kannibalisieren als zu ergänzen laut Loose.
Die Bequemheit der Nutzung birgt auch die Gefahr, dass stärker auf das Auto zurückgegriffen wird, als wir es aus dem stationsbasierten CarSharing kennen
Auch CiteeCar-Chef Bill Jones sieht die Free Floating Konkurrenz in Form von car2go, DriveNow oder Multicity kritisch.
Wir sind an einem kritischen Punkt für den Sektor gelangt, an dem nun auch Autohersteller massiv in den Markt drängen. Bereits im letzten Bericht hat der bcs Zweifel geäußert, ob diese neuen Systeme überhaupt CarSharing-Systeme nach Definition des Bundesverbandes sind.
Andreas Hölzel vom ADAC argumentiert in die gleiche Richtung.
Im Prinzip finden wir, dass Carsharing eine gute Sache ist und ein sinnvoller Teil der Mobilität im Stadtverkehr sein kann. Allerdings darf das Carsharing den ÖPNV nicht kannibalisieren
Vor dem Hintergrund, dass Daimler, BMW & Co. derzeit in der Tat massiv Ihre Angebote und vor allem Flotten bundesweit ausbauen ist dieses Skepsis aus unserer Sicht bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbarer. Auf der andere Seite sollte man, fairerweise, auch erwähnen bzw. aufführen dass sich die Free Floating-Anbieter nicht als Ersatz zum ÖPNV positionieren, im Gegenteil. In Hamburg z.B. hat car2go gemeinsam mit Europcar und der Hochbahn AG jüngst ein neues Mobilitätsprojekt namens switchh gestartet. Bei diesem werden unterschiedliche Mobilitätsangebote, unter anderem auch der ÖPNV, mit einander verbunden. Auch in Leipzig und Dresden entstehen derzeit solch Projekte und dabei spielen auch Free Floating-Anbieter eine tragende Rolle.
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