Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind, so hört man es zumindest immer. Doch ist das nur eine typisch deutsche „Macke“? Wohl kaum, auch in den USA lieben einige Besitzer ihr Fahrzeug fast wie ein Familienmitglied. Dennoch erlebt der private Carsharing-Trend in den USA aktuell einen enormen Aufschwung, genauso wie die Untervermietung des Eigenheims. Dieser Trend schwappt gerade auch nach Deutschland über, ob er hier auch so einen Erfolg verzeichnen wird, wird sich wohl in den kommenden Jahren zeigen.
Turo drängt auf den deutschen Markt
Der US-Amerikanische Carsharing Anbieter Turo drängt seit neuestem auch auf den deutschen Markt. Auf deren Plattform können Privatleute ihre Fahrzeuge direkt an andere Teilnehmer zur Miete anbieten. Das Ganze erinnert stark an Airbnb, einfach den Standort, Zeitraum und gesuchtes Fahrzeug auswählen und schon kann es losgehen. Wahlweise per App oder Website werden dann direkt passende Angebote von anderen Teilnehmern der Carsharing Plattform angezeigt. Wird eine Miete erfolgreich vermittelt, verdient Turo daran eine Provision. Auch praktisch: Versicherungstechnisch muss sich der Mieter hier keine Gedanken machen, dank der Zusammenarbeit mit der Allianz tritt diese als Versicherer der Fahrzeuge auf.
Ganz unerschlossen ist der Markt in Deutschland allerdings auch nicht mehr. Der französische Carsharing Anbieter Drivy ist bereits seit einiger Zeit in ganz Europa aktiv und kann 1,5 Millionen User sowie 45 000 Fahrzeuge vorweisen. Auch Snappcar verweist bereits auf eine stolze Nutzerzahl von rund 400 000 und ebenso zehntausende Fahrzeuge in Schweden, den Niederlanden, Deutschland und Dänemark. Auch mit diesen beiden Anbietern arbeitet die Allianz zusammen und übernimmt die Versicherung der Autos.
Konkurrent drivy sehr zufrieden mit Entwicklung
Der Drivy-Deutschland Manager Nils Roßmeisl ist überaus zufrieden mit der Entwicklung in Deutschland. Es sei aktuell der zweitgrößte Markt in Europa (Die Nummer 1 belegt nach wie vor Frankreich) und listet aktuell etwa 200 000 Nutzer und 6000 Fahrzeuge. Das Potenzial nach oben ist hier natürlich riesig, es sei zunächst erstmal wichtig, überhaupt ein Bewusstsein für derartige Sharing Angebote in der deutschen Bevölkerung zu schaffen.
Doch Turo kommt mit einer großen Unterstützung in den Markt. Die Daimler AG hat sich im letzten Jahr an Turo beteiligt. Obwohl bereits Car2Go und Croove zu Daimler gehören, setzen sie auch hier wieder auf das Sharing Konzept. Das bisherige Wachstum der anderen Plattformen sei „zufriedenstellend“. Mit Turo kommen jetzt die ganz großen Ambitionen: In etwa einem Jahr soll in Berlin und München bereits eine Nutzerzahl erreicht sein, bei der das Konzept auch effektiv funktioniert. Auch andere Großstädte in Deutschland sollen in 2 bis 3 Jahren entsprechende Nutzerzahlen erreichen.
Marcus Riecke, zuständig für Turo in Deutschland, blickt der Entwicklung optimistisch entgegen. Deutschland besitzt einen enorm großen Fahrzeugmarkt und ist auch eines der beliebtesten Urlaubsziele in Europa. Zudem funktioniere das generelle Sharing Konzept, also die kollektive Nutzung von Gegenständen, sehr gut in Deutschland.
Drivy-Chef Roßmeisl charakterisiert die Deutschen aber dennoch etwas anders, seiner Erfahrung nach gilt das Auto in Deutschland nach wie vor auch als Statussymbol, und wird nicht nur als „Transportmittel“ angesehen. Die Hauptzielgruppe sind wohl vor allem Großstädter, die zumeist gar kein eigenes Fahrzeug mehr besitzen und einfach mal einen Ausflug oder ähnliches planen.
Privates Carsharing als Ersatz für Fahrzeugbesitz
Auch die großen Automobilhersteller haben mittlerweile erkannt, dass der Besitz eines eigenen PKW für viele gar nicht mehr zwingend notwendig ist. Ironischerweise engagieren auch sie sich mittlerweile verstärkt an alternativen Fortbewegungskonzepten. Theoretisch würden sie damit ja ihrem eigenen Kerngeschäft schaden, aber es ist wohl besser sich an der Entwicklung selbst zu beteiligen, anstatt einfach zuzusehen wie die Verkaufszahlen einbrechen.
Turo Chef Haddad meint, letztendlich entsteht durch seine Plattform eine Win-Win Situation. Der Vermieter könne nach durchschnittlich 9 Miettagen im Monat bereits die laufenden Kosten des PKW abdecken, und der Mieter kommt günstig & unkompliziert an ein Fahrzeug, wenn er es denn wirklich mal benötigt.
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